Nachdem mein Fahrer letzten Winter ein paar lebensverändernde Einschnitte hatte, wurde es Zeit, alte Pläne in die Tat umzusetzen bevor es irgendwann nicht mehr geht. Also kam das Projekt Russlandtour wieder in die Planung. Allerdings nur in kleiner Form von 2,5 Wochen, da der neue Job aktuell noch nicht mehr Urlaub zu liess.
Russland als Tour ist an sich einfach. Aber hier mal ein paar Eckdaten:
- Visum: es gilt die generelle Visumpflicht für alle EU-Bürger. Man kann einerseits ein Touristenvisum beantragen oder ein multiple entry business Jahresvisum. Letzteres ist leider das teuerste mit ca. 600 €. Das Touristenvisum kostet ca 300 €. In beiden Fällen benötigt man ein Einladungsschreiben. Dieses kann aber die
Visumzentrale besorgen (gegen Gebühr natürlich). Es ist nicht möglich ein business parallel zu einem Touristenvisum zu haben. Das business ist das Höhere. Man ist hiermit aber auch deutlich flexibler was die Reiseroute angeht.
Am Grenzübergang wurden wir nach unserer Adresse in Russland, an der wir uns aufhalten, gefragt. Wir haben den entferntesten Ort genannt. Als Adresse haben wir camping gesagt. Damit war der Fall erledigt.
- Grenzübergang: Man sollte den Grenzübergang von Estland nach Russland (Narva) meiden. Dieser ist ein Schmuggelpunkt und die Kontrollen sind schon etwas umfangreich. Wir sind von Lettland her eingereisst. Hat gerade mal 55 Minuten gedauert. 20 Minuten ausfüllen der Papiere, 20 Minuten diese Daten in den Computer eingeben, 15 Minuten Auto inspizieren. Man sucht generell nur nach Drogen. Ansonsten ist alles sehr freundlich und problemlos.
- Umtauschen von Devisen: kann man eigentlich an jeder Bank in Russland. Allerdings kann man an mehr Stellen mit Mastercard zahlen als in Deutschland. Zudem kann man an jedem Bankautomaten mit einer deutschen EC-Karte oder Kreditkarte direkt russische Rubel abheben.
- Diesel: Es gibt in Russland generell den guten alten Diesel. Mit 3% Schwefel und ohne Biozusätze. Der Preis pro Liter liegt im Schnitt bei ca 62 cent. Kein Scherz. Wir haben die eins nicht vergessen....
- Zustand der Strassen: Der Zustand der Strassen ist leider extrem schlecht. Also nichts was einen Defender davon abhält, zügig fahren zu können. Man machte uns bereitwillig Platz. Selbst die Polizei ist auf den unbestigten, matschigen Seitenstreifen gefahren und hat freundlich gegrüßt.
- Polizeikontrollen: Kontrollen hat es sehr viele. Meistens mit einem Schlagbaum mitten auf der Landstrasse. Allerdings hat man uns immer gleich freundlich durchgewunken, sobald man das deutsche Kennzeichen gesehen hat.
- Sprache: Logisch, der Russe spricht russisch. Die jungen Russen sprechen auch fliessend englisch. Man kommt aber auch mit deutsch sehr weit. Sehr viele hatten in der Schule deutsch als Fremdsprache. Grundsätzlich reagierte man auf uns schlagartig noch freundlicher, sobald man sah, das wir deutsche sind. Gerade an der Grenze hat sich das positiv ausgewirkt. Meine Fahrer sprechen (Schande über Sie) leider nur ein paar Brocken russisch. Sie geloben aber Besserung. Wenn sich die Leute soviel Mühe geben deutsch zu sprechen, dann sollten sie jetzt auch mal russisch lernen.
Es erleichtert das navigieren, wenn man zumindest das russische Alphabet beherrscht. Ansonsten ist auf einmal eine Beschreibung wie: "Der Buchstabe der aussieht wie ein umgekipptes D" im Auto vorherrschend. Es gibt aber im Internet einige Literatur dazu.
- Navigieren: Wir haben die app pocket earth auf dem iPad. In Deutschland die entsprechenden Karten runter geladen und die Navigation hat sehr gut funktioniert. Als Fahrer alter Schule hatte Pat natürlich auch Papierkarten dabei. Diese sind in der Regel allerdings 5-10 Jahre alt. Macht aber nichts. Es hat sich nichts geändert...
- Flora, Fauna, Tiere...: Es gibt Bären, Wölfe und Milliarden kleiner Mücken. Was Bären und Wölfe angeht, sollte man einfach gesunden Menschverstand einsetzen. Diese Tiere haben mehr Angst vor uns, als wir vor ihnen. Übriges Essen gehört in den Kühlschrank oder sollte verbrannt werden. Niemals in den Abfall. Abfall gehört in meinen Fussraum und nicht aussen an meinen "feinen" Lack.
Was die Mücken angeht... Diese sind eine Plage. Allerdings nur bei der Abenddämmerung. Sobald der Tau einsetzt, ist die Plage sofort beendet. Morgends und tagsüber hatten wir keine Probleme.
Bei der Flora sollte man aufpassen. Es gibt ein massives Problem mit dem Riesenbärenklau. Dieser ist in Westrussland extrem weit verbreitet. Zum Teil sind Strecken von 20-30 km am Strassenrand damit verseucht. Finger weg von diesem Zeugs.
- Offroadfahren: kann man überall. Wie immer sollte man die Wege natürlich nicht mit Vollgas umpflügen oder abseits der Strecken fahren. Man macht sonst den Einheimischen die Lebensgrundlage kaputt. Und das entspricht nicht der Etik eines Offroadfahrers.
Übernachten kann man überall. Und wirklich überall. Es gibt auch ein paar Campinplätze wenn man diese wünscht. Diese haben nicht den westeuropäischen Standard der Weisswarenfahrer, aber sie sind trotzdem sehr sauber.
- Leute: Extremst freundlich. Wir haben uns generell immer willkommen gefühlt. Egal wo. Man war stolz darauf das man Besuchern aus dem "Westen" sein Land zeigen kann. In kleineren Ortschaften in denen wir gehalten haben, kam zum Teil auch der Ortsvorsteher und hat uns seinen Ort gezeigt. Einmal sogar mit Presse... Kauft man dann eventuell auch noch etwas in der Ortschaft, hat man Freunde für's Leben. Es gibt alles und es schmeckt alles. Durch die EU-Sanktionen wird natürlich das normale Volk getroffen. Man kann also ein westliches, teures Auto kaufen, aber keine westlichen Lebensmittel. Aber hallo, der russische Honig oder der russische Käse schmecken hervorragend. Vom Preis brauchen wir gar nicht zu reden. Der ist ein Bruchteil des westlichen. Man hat uns immer stolz die lokalen Spezialitäten angeboten. Und was soll ich sagen, beim nächsten mal nehmen wir nicht mal eine Packung Nudeln mit.
Freizeitaktivitäten hat es dort natürlich auch. Man kann unendlich viele altrussische Gebäude anschauen. Bis hin zur Zeit der Slaven. Einmal haben meine beiden Tourenfahrer eine Wildwasserraftingtour mitgemacht. Die Sicherheit steht der unsrigen in nichts nach. Und es hat monstermässig Spass gemacht.
Sollten sich Jäger unter zukünftigen Russlandfahrern befinden, geht dort problemlos.
Sollte ich etwas vergessen haben, einfach eine kurze Mail an mich. Ich werde probieren alle Fragen zu beantworten.
Fazit der Reise: Russland ist in jedem Fall eine Reise wert. Ein faszinierendes geschichtsträchtiges Land mit extrem freundlichen und hilfsbereiten Leuten.